Zusammenfassung

Unter einer Fehlgeburt (=Abort) versteht man die Beendigung einer Schwangerschaft vor Erreichen der Lebensfähigkeit des Feten. Es handelt sich dabei um die häufigste Komplikation während einer Schwangerschaft, die etwa 20% der erkannten Graviditäten betrifft und mit zunehmender Dauer der Schwangerschaft seltener vorkommt. Zu den wichtigsten Ursachen zählen genetische Defekte des Embryos, mütterliche Faktoren wie Infektionen, hormonelle Störungen oder Fehlbildungen der Gebärmutter bzw. der Plazenta sowie Blutgruppenunverträglichkeiten. Die typischen Symptome sind vaginale Blutungen und das Einsetzen von Wehen. Die Diagnose erfolgt mittels einer Ultraschalluntersuchung, wobei das weitere Vorgehen davon abhängt, ob die Frucht noch am Leben ist. Bei positiver Herzaktion ist die Schwangerschaft noch intakt, und durch Bettruhe und Magnesium-Tabletten kann in etwa der Hälfte der Fälle ein Abort verhindert werden. In den übrigen Fällen wird die Schwangerschaft möglichst rasch durch wehenfördernde Medikamente und durch Ausschabung der Gebärmutter beendet.

 

Allgemeines

Von einem Abort oder einer Fehlgeburt spricht man, wenn die Schwangerschaft innerhalb der ersten 28 Schwangerschaftswochen (SSW) beendet wird, vorausgesetzt, dass das Kind keine Lebenszeichen, wie Atmung, Herzschlag oder Nabelschnurpulsationen zeigt und unter 500 g wiegt. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, liegt eine Frühgeburt vor. Grundsätzlich muss man zwischen einem Spontanabort und einem eingeleiteten Abort, d.h. einem Schwangerschaftsabbruch, der im medizinischen Sprachgebrauch als Abruptio bezeichnet wird, unterscheiden. Im folgenden soll auf den Spontanabort näher eingegangen werden. Der Spontanabort ist die häufigste Störung einer Schwangerschaft, da 10% bis 30% aller erkannten Schwangerschaften mit einem Abort enden.

 

Ursachen

Die Ursachen eines Abortes können nur selten aufgedeckt werden. Grundsätzlich sind fetale (kindliche), mütterliche und väterliche Ursachen zu unterscheiden. Bekannte fetale Abortursachen sind Chromosomenmutationen, Infektionen sowie Einwirkungen von Medikamenten oder ionisierenden Strahlen.

Unter den mütterlichen Abortursachen sind Störungen der Entwicklung der Plazenta, Fehlbildungen der Gebärmutter, Verwachsungen, Tumoren oder die Zervixinsuffizienz, d.h. eine Schwäche des Gebärmutterhalses, von Bedeutung. Hinzu kommen mechanische Traumen, wie z.B. Stürze, sowie oft auch starke psychische Belastungen. Infektionen der Mutter oder endokrine Störungen, wie z.B. ein Diabetes melllitus (Zuckerkrankheit) oder eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) können ebenfalls zu einer Fehlgeburt führen. Blutgruppenunterschiede bei den Rhesus-(Rh)-Faktoren zwischen Mutter und Kind (s. unter Morbus haemolyticus neonatorum) können über immunologische Abwehrreaktionen einen Abort auslösen.

Zu den väterlichen Abortursachen zählen genetische Störungen sowie verschiedene Arten von Spermaanomalien.

Zusätzlich zu den bisher genannten Ursachen können schwangerschaftsspezifische hormonelle Funktionsstörungen der Mutter, z.B.eine Corpus-luteum-Insuffizienz oder des Kindes, z.B. eine Trophoblastinsuffizienz, einen sogenannten endokrinen Abort auslösen.

 

Häufigkeit

Die Häufigkeit des Spontanabortes beträgt etwa 20% aller erkannten Schwangerschaften. Mit zunehmender Dauer der Schwangerschaft nimmt das Risiko ab: Es beträgt in der sechsten bis achten Schwangerschaftswoche etwa 15-18% und sinkt anschließend kontinuierlich bis auf 3% in der 17. SSW. Da jedoch sehr frühe Aborte oft unbemerkt bleiben, kann die wahre Inzidenz nur geschätzt werden. Man geht dabei von einer Absterbrate von 30-50% aller befruchteten Eizellen aus.

 

Symptome

Blutungen in der Schwangerschaft sind immer ein verdächtiges Zeichen für einen Abort, der die häufigste Blutungsursache in der Schwangerschaft darstellt. Bei einem Abort bis zur 16. SSW (Frühabort s.u.) kommt es erst zu einer Blutung; danach setzten Wehen ein, die zur Ausstoßung der Frucht führen. Ist die Schwangerschaft weiter fortgeschritten, etwa bis zur 18. bis 28. SSW, treten erst die Wehen auf und anschließend kommt es zur Blutung (Spätabort s.u.).

 

Einteilung der Abortformen

Der Abort kann unter verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Nach der Körpertemperatur können ein afebriler (Temperatur bis 37,9°C), ein febriler (Temperatur zwischen 38 und 39°C) sowie ein septischer Abort (Temperatur über 39°C, Schüttelfrost) unterschieden werden.

Berücksichtigt man den Zeitpunkt des Auftretens, kann man einen Frühestabort , einen Frühabort und einen Spätabort unterscheiden. Der Frühestabort tritt oft infolge genetischer Schäden unmittelbar nach der Implantation der befruchteten Eizelle auf und fällt zeitlich meist mit der erwarteten Regel zusammen. Die Blutungsstärke entspricht häufig der einer normalen Regelblutung. Man nimmt an, dass viele Frauen, die über eine verspätet eingetretene Regelblutung berichten, in Wirklichkeit einen Frühestabort erlitten haben, ohne zu wissen, dass eine Schwangerschaft bestand. Von einem Frühabort spricht man, wenn sich der Abort bis zur 16. SSW ereignet, nach diesem Zeitpunkt handelt es sich dann um einen Spätabort.

Eine Einteilung nach der klinischen Symptomatik orientiert sich am zeitlichen Ablauf des Abortes. Ein Abortus imminenz , d.h. ein drohender Abort, liegt vor, wenn zwar eine Blutung auftritt, die Schwangerschaft aber noch intakt ist. Hier kann eine schnell einsetzende Therapie die Schwangerschaft oft noch erhalten.

Anders verhält es sich beim Abortus incipiens, dem beginnenden Abort. In diesem Falle ist der Abort bereits im Gange, die Wehentätigkeit hat eingesetzt, bzw. die Fruchtblase ist gesprungen. Eine Therapie kann den Verlauf nicht mehr aufhalten, sie sollte im Gegenteil zu einer schnellen und komplikationslosen Beendigung des Abortes beitragen.

Ist ein Abort zum Stillstand gekommen und sind noch Teile des Schwangerschaftsproduktes, z.B. die Plazenta, in der Gebärmutter verblieben, spricht man von einem Abortus incompletus. Auch hier ist der Abort in der Klinik möglichst schnell zu beenden.

Bei einer vollständigen Entleerung der Gebärmutter und Stillstand der Blutung ist von einem Abortus completus auszugehen.

Eine Sonderform des Abortes ist der Missed abortion . Es handelt sich dabei um einen frühen Tod des Kindes, jedoch ohne dass es zur Blutung oder Wehentätigkeit mit Entleerung der Gebärmutter kommt. Die subjektiven Schwangerschaftszeichen gehen zurück. Eine Sicherung des intrauterinen Kindstodes erfolgt meist mittels Ultraschall. Danach wird die Schwangerschaft im Krankenhaus beendet.

 

Diagnose

Die Diagnose eines Abortes ergibt sich, wenn während der Schwangerschaft eine Blutung auftritt, die ihren Ursprung in der Gebärmutter hat. Je nach dem Zeitpunkt des Auftretens können Wehentätigkeit und Blasensprung nachgewiesen werden. Die Ausstoßung des Kindes bzw. der Plazenta ergibt die endgültige Diagnose. Hinweise für die auslösende Ursache finden sich nur selten. Zusätzliche Hinweise können aber Ultraschalluntersuchungen und Hormonbestimmungen erbringen.

 

Therapie

Jede Frau mit einem Abort sollte sofort in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Dort erfolgt die Therapie entsprechend der Einteilung der Abortformen. Handelt es sich um einen Abortus imminens, versucht man, die Schwangerschaft zu erhalten. Die Frau sollte unbedingt Bettruhe einhalten; häufig werden beruhigende Medikamente, wie z.B. Valium, gegeben. Die Gabe von Magnesium-Tabletten soll die Wehentätigkeit unterdrücken. Hormonelle Therapien sind bis heute umstritten und wahrscheinlich nicht empfehlenswert. Allerdings wird bei "älteren" Patientinnen die Anwendung von progesteronhaltigen Vaginalzäpfchen diskutiert. Da die Ursache für den Abort meist nicht geklärt werden kann, bleibt die Therapie oft erfolglos. Entsprechend der Dringlichkeit des Kinderwunsches sollte man psychologische Aspekte mitberücksichtigen.

Beim Abortus incipiens bzw. incompletus zielt die Therapie auf eine möglichst schnelle Beendigung des Abortgeschehens ab. Dies geschieht in der Klinik zum einen durch die Gabe von Medikamenten zur Unterstützung der Wehentätigkeit, zum anderen sollte eine instrumentelle Ausräumung der Gebärmutter, d.h. Ausschabung oder Absaugung, erfolgen.

Liegt der Sonderfall eines Missed abortion vor, muss das Abortgeschehen medikamentös eingeleitet werden. Zuvor sollte allerdings eine Untersuchung der Blutgerinnung erfolgen, da bei länger bestehendem Fruchttod (3 bis 5 Wochen) häufig Gerinnungsstörungen beobachtet werden. Nach Ausstoßung des Gebärmutterinhaltes sollte auch hier eine Ausschabung vorgenommen werden.

Unabhängig von der Abortart sollte bei rhesus-negativen Frauen zur Vermeidung einer Sensibilisierung die prophylaktische Gabe von Anti-Rh-Immunglobulin innerhalb von 72 Stunden nach einem Abort erfolgen.

 

Komplikationen

Als Folge eines Abortes können Komplikationen auftreten, die auf eine Ausbreitung von Entzündungen in die Umgebung der Gebärmutter zurückzuführen sind. Dazu zählen Entzündungen der Eierstöcke bzw. Eileiter (Adnexitis), eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) sowie Thrombosen der Beckenvenen.

 

Prognose

Frauen, die bereits einen Abort hatten, haben ein erhöhtes Abortrisiko bei späteren Geburten. Die Möglichkeit, erneut schwanger zu werden, ist generell jedoch nicht beeinträchtigt. Der Erfolg weiterer Schwangerschaften hängt jedoch von den Abortursachen ab. Können diese erkannt und beseitigt werden, steht einer erfolgreichen Schwangerschaft nichts im Wege.